Herbstdienstversammlung der Regierung v. Obb. mit den Kreis- und Stadtbrand-räten sowie -inspektoren

21.10.2022
Zur jährlichen Herbstdienstversammlung der Kreis- und Stadtbrandräte und -inspektoren Oberbayerns hat die Regierung von Oberbayern am 21. und 22. Oktober 2022 nach Bad Wiessee eingeladen.

Regierungspräsident Dr. Konrad Schober konnte neben den eingeladenen Feuerwehr-Führungsdienstgraden auch einige Ehrengäste begrüßen, darunter Frau Ministerialrätin Friederike Fuchs, den Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbands Johann Eitzenberger und den Vorsitzenden des Bezirksfeuerwehrverbands, Dr. Rüdiger Sobotta.

Ein weiteres Grußwort richtete der Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, Manfred Hauser, an die Anwesenden. Er bedankte sich ausdrücklich für die stets hervorragende Zusammenarbeit und Leistungsbereitschaft der oberbayerischen Feuerwehren. Abermals bittet er darum, dass von Verkehrsteilnehmern oder Schaulustigen bedrängte oder „angegangene“ Feuerwehrleute solche Vorfälle sofort melden und anzeigen sollen.

Frau Ministerialrätin Fuchs aus dem Bayerischen Staatsministerium des Inneren begann ihren Bericht mit der Entwicklung der Staatlichen Feuerschulen Bayerns. Der Personalbestand an den Schulen hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt, was auch dazu führt, dass der „Technische Prüfdienst“ - in stark veränderter Form – wieder aufgenommen wird. Generell soll diese Unterstützung durch die Feuerschulen weniger eine Aufsichtsfunktion als eine beratende Funktion bekommen. Aktuell wird getestet, welche Angebote in den Feuerwehren gebraucht und welche durch das Personal geleistet werden können. Ein weiteres Projekt des StMI ist die Lehrgangsplanung, damit sich das Angebot der Feuerwehrschulen auch am Bedarf orientiert. Auch der Bedarf für neue entwickelte Standortschulungen für Ausbilder und Multiplikatoren zuhause in den Landkreisen wird augenblicklich abgefragt. Modernisiert werden soll auch die Prozedur für die Anmeldung an den Feuerwehrschulen, hier hinkt die Realität den technischen Möglichkeiten weit hinterher.

Die Konzentration des schulischen Angebots auf die Führungslehrgänge (Leiter einer Feuerwehr, GF, ZF und VF) konnte den größten Bedarf in diesem Bereich decken. Ein stetig steigender Bedarf ist jedoch bei den Jugendwart-Kursen sichtbar. Die Nachfrage nach diesen Kursen ist abermals um 50 Prozent gestiegen. Die Regierung erkennt diesen Bedarf und verspricht rasche Abhilfe, weil man natürlich vermeiden möchte, dass sich schlecht oder sogar gar nicht ausgebildetes Personal in diesem Bereich negativ auf den Personalstand der Jugendfeuerwehren und später der aktiven Feuerwehrleute auswirkt.

Das Staatsministerium des Inneren sagt den Feuerwehren und -verbänden natürlich seine volle Unterstützung bei der Mitgliedergewinnung und -bindung zu. Ein wichtiges Element bei der Entwicklung passgenauer Maßnahmen ist die aktuelle Umfrage „Wer löscht morgen?“: Hier sind alle bayerischen Feuerwehrleute, egal welchen Alters, welcher Funktion und mit jedem Ausbildungsstand aufgerufen, ihre Wünsche und Erwartungen anzugeben.

In den nächsten Wochen, noch im vierten Quartal 2022, soll die Lernplattform BayLern in der Version 4.0 starten. Grundlegende Verbesserungen soll der Wechsel vom aktuellen Lern-Management-System auf Moodle bringen. Moodle ist an Schulen und Hochschulen weit verbreitet, bayerische Jugendfeuerwehrleute kennen Moodle als Mebis vom regulären Schulbetrieb.

Ein Problem, das im Betrieb der Integrierten Leitstellen erkannt wurde, sind Inkompatibilitäten zwischen der Hardware und der Software. Künftig müssen die Leitstellen eine einheitliche Hardware benutzen, die aus einem Rahmenvertrag bestellt werden kann. Der Softwareanbieter wird in der aktuell laufenden Ausschreibung verpflichtet, dass seine Produkte auf dieser Hardware einwandfrei läuft. Damit soll sichergestellt werden, dass weder der Software- noch der Hardwareanbieter sich bei Problemen auf den jeweils anderen beruft. Spätestens Anfang 2023 soll die Kaufentscheidung für die neue Software für den gesamten Betrieb der Integrierten Leitstellen fallen.

Im Anschluss präsentierten Polizeioberrat Dominic Fischer und der Rosenheimer Stadtbrandrat Hans Meyrl die Zusammenarbeit von Polizei und anderen BOS bei lebensbedrohlichen Einsatzlagen.

Einer der Fachberater für Brand- und Katastrophenschutz, Brandamtsrat Ludwig Dausmann, und Regierungsoberinspektor Daniel Waidelich gaben dann aktuelle Infos aus der Regierung von Oberbayern. So werden aktuell LF20 oder HLF20 nur gefördert, wenn im Schutzbereich der Feuerwehr ein entsprechend großes Gefahrenpotential liegt, beispielsweise eine mehrspurige Straße oder ein größeres Gewerbe- oder Industriegebiet. Dieser Umstand muss auf dem Förderantrag auch vom zuständigen KBR bestätigt werden. Die Baubeschreibung für das bayerische Waldbrand-TLF ist veröffentlicht und jetzt werden diese Fahrzeuge auch gefördert. Die Beladeliste beinhaltet absichtlich keine Atemschutzgeräte oder Steckleitern, da das Fahrzeug definitiv nicht für Innenangriffe gedacht ist. Die Beladung kann aber entsprechend örtlichen Belangen erweitert werden. Anscheinend wurden in den letzten Jahrzehnten zu viele Fahrzeuge beantragt, befürwortet und bezuschusst, denn die Regierung von Oberbayern wird wieder mehr darauf achten, dass pro Fahrzeug auch die dreifache Mannschaftsstärke in der Feuerwehr vorhanden ist. Außerdem sollen pro Atemschutzgerät in einem Fahrzeug auch die dreifache Zahl, also 12 Atemschutzgeräteträger ausgebildet sein. Bei sehr großen Feuerwehren sind bei einem ausreichend großen Personalbestand auch Abweichungen nach unten möglich, aber grundsätzlich wird auf das Verhältnis Fahrzeuge zu Mannschaftsstärke wieder mehr geachtet.

Die Regierung von Oberbayern weist nochmals auf die Wasserfördersysteme aus dem Katastrophenschutz hin, von denen 6 in Oberbayern stationiert sind. Damit soll eine lange Förderstrecke wesentlich schneller aufgebaut und einfacher betreibbar sein als mit TSAs und Co.

Auch auf das Thema Blackout wurde mit zwei Grundsatzaussagen eingegangen: Für den Feuerwehreinsatz benötigte Stromaggregate auf den Fahrzeugen müssen auf diesen verbleiben und dürfen nicht zum Einspeisen in Gebäude verwendet werden. Und natürlich dürfen von den Feuerwehren nur geeignete Aggregate zum Einspeisen in das Hausnetz verwendet werden.

Johannes Eitzenberger, der Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbands Bayern e.V. präsentierte im Anschluss die aktuellen Themen auf Bayernebene. Als ein mögliches Mittel, Feuerwehrleute zu halten und sich für ihren Dienst erkenntlich zu zeigen, gilt die Feuerwehrrente für aktive Einsatzkräfte. Diese müsste jedoch in erster Linie von den Kommunen finanziert werden. Angesichts der in vielen Städten und Gemeinden klammen Finanzverhältnisse der Gemeinden und Städte dürfte dieser Weg nur teilweise erfolgreich sein.

Die bewährte heiße Atemschutzausbildung mit Brandübungscontainern wurde verlängert, der Freistaat hat ein Budget von 1,6 Millionen Euro gewährt für die Verlängerung dieser Ausbildungsmöglichkeit bis ins Jahr 2026.

Die Kinderfeuerwehren werden aus organisatorischen Gründen ab sofort als Fachbereich in der Jugendfeuerwehr Bayern geführt. Eitzenberger sieht die Kinderfeuerwehren als absolutes Erfolgsmodell: 2013 engagierten sich in ganz Bayern um die 600 Kinder, heute sind es 14650 Kinder in 979 Kinderfeuerwehren. Das sind die Feuerwehrleute von übermorgen und wir brauchen sie dringend!

Danach versorgte Dr. Rene Mühlberger, der Leiter der SFS Geretsried, die Teilnehmer mit aktuellen Infos aus den Staatlichen Feuerwehrschulen. Problematisch ist nach wie vor die schwierige Nachbesetzung von Stellen, hier unterscheidet sich die Feuerwehrschule nicht von einem Privatunternehmen. Ein riesiges Problem war natürlich Corona, auch heute werden beispielsweise Doppelzimmer nur einzeln belegt, was natürlich Kapazitäten frisst. Vergleichsweise unerwartet kam der G7-Gipfel für die Feuerwehrschule Geretsried, die in diesem Zeitraum als Abrufplatz dienen musste. Ebenfalls nicht gerechnet hat man damit, dass Fahrzeuge für den Schulbetrieb nicht ausgeliefert werden können, weil die entsprechenden Fahrgestelle enorme Lieferverzögerungen haben.

Interessante Informationen über den Stand der Technik bei Elektro-Fahrzeugen lieferte in seinem Vortrag Stefan Wolfsteiner vom Feuerwehrfahrzeug-Hersteller Rosenbauer. Gerade in Hinblick auf überörtliche Katastrophenlagen wird eine Reichweite von 100 km bei einem Feuerwehr-Großfahrzeug die meisten Beschaffer noch nicht zufriedenstellen.

Aus aktuellen Gründen sprach Bezirksfeuerwehrarzt Dr. Martin Dotzer über die Probleme mit Kohlenmonoxid respektive Kohlenmonoxidvergiftungen: Die Feuerwehren befürchten bereits, dass im Winter die Zahl von Einsätzen in Zusammenhang mit Indoor-Grillen oder Rauch und Brandabgase erzeugenden ehelfsheizungen zunehmen wird.

Im Anschluss stellte der für den Tagungsort Bad Wiessee örtlich zuständige Kreisbrandrat des Landkreises Miesbach, Anton Riblinger, die Kreisbrandinspektion, die Feuerwehren und die Besonderheiten seines Landkreises vor.

Der letzte Vortrag am Freitag stammt vom Freisinger Kreisbrandrat Manfred Danner. Er berichtete von den Ursachen und Maßnahmen eines unwetterbedingten großflächigen und mehrstündigen Stromausfalls im Landkreis Freising in einem sehr bewegenden Vortrag. Dabei konnten viele, viele sehr wertvolle Erkenntnisse gezogen werden: Man braucht immer wieder aktuelle Karten aller Gemeinden in Papierform. Sein Landkreis wird schnellstmöglich mehrere Starlink-Satellitenterminals beschaffen für die UGs, die Kreiseinsatzzentrale, das THW und die FüGK. Extrem bemerkenswert ist der Erhalt und Weiterbetrieb des analogen Gleichwellenfunknetzes. Beim Betrieb des Digitalfunk sollen wo immer möglich exponierte Repeater eine Fläche abdecken und der TMO-Betrieb auf ein – für normale Verhältnisse – Minimum reduziert werden.

Am nächsten Tag begann die Veranstaltung mit einem Grußwort des Landrats des Landkreises Miesbach, Olaf von Loewis of Menar. Er dankte den anwesenden Feuerwehr-Führungskräften und natürlich speziell „seiner“ Kreisbrandinspektion im Landkreis Miesbach für ihr überwältigendes Engagement.

Brände von Elektrofahrzeugen standen im Mittelpunkt des nächsten Vortrags. Brandoberinspektor Christian Geib von der BF Ingolstadt und Professor Dr. Hans-Georg Schweiger von der TH Ingolstadt referierten über die Entwicklung bei Fahrzeugbatterien und den damit verbundenen Gefahren im Falle eines Brandes.

Der im Frühling 2022 gewählte neue Bezirksjugendfeuerwehrwart des Bezirks Oberbayern, Florian Bauer, referierte danach kurz über die Entwicklungen in der Jugendfeuerwehr. Erwartungsgemäß liefen 2022 viele Projekte coronabedingt nur eingeschränkt.

Der letzte Vortrag der Dienstversammlung wurde gehalten von Stadtbrandinspektor Thomas Hüller, der über die gemachten Erfahrungen mit der gemischten Wachbereitschaft in der Stadt Dachau sprach. Auch auf die Umsetzungen des Feuerwehrbedarfplans ging er dabei ein.

Während viele frühere Dienstversammlungen geprägt waren von Einsatzberichten oder Themen, die irgendwann mal hochkochen werden oder die zumindest nicht so wirklich dringend sind, wurde diese dominiert vom Thema Blackout. Was kann die Feuerwehr leisten, was nicht? Was muss die Bevölkerung wissen? Auch das klare Bekenntnis zum Weiterbetrieb der analogen Funkgeräte so lange wie nur irgend möglich überrascht nicht: Analogen Funk können die Feuerwehren im Notfall auch ganz alleine betreiben ohne irgendwelche Infrastruktur. Im Digitalfunk ist man angewiesen auf ein Konglomerat von Unternehmen und ihre jeweilige Bereitschaft und ihre Möglichkeiten, auch im Katastrophenfall zu funktionieren.